Anton Philipp Reclam
Seit 1991 trägt unsere Schule den Namen Anton Philipp Reclam, doch wer sich dahinter verbirgt, ist vielen gar nicht bewusst. "Er ging seinen geraden Weg und ließ sich weder von oben noch von unten das geringste gefallen", schrieb Hans Reclam über seinen Vater, Zeitgenossen schilderten ihn als einen Menschen "biederen" Charakters, der trotz seiner Geradheit schon einmal "schroff" werden konnte, dessen Rechnungen ebenso gewiss stimmten, wie seine Honorare "angeblich" gering waren...
Anton Philipp Reclam wurde am 28. Juni 1807 als ältester Sohn des Buchhändlers Karl Heinrich Reclam geboren und gilt heute als einer der originellsten und buchhändlerisch bahnbrechendsten Verleger Deutschlands. Mit 16 Jahren begann er in einer Buchhandlung des mit ihm verwandten Friedrich Vieweg eine Lehre, die auch seine Neigung und Liebe zum Verlegerberuf förderte. Nach seiner Ausbildung verspürte Reclam einen inneren Drang zur Selbständigkeit und wurde 1828 Inhaber des "Literarischen Museums" in Leipzig, einer mit einem Journal-Lesezirkel verbundenen Leihbibliothek. Doch die bloße Geschäftsarbeit genügte Reclam nicht, und als es ihm seine Mittel erlaubten, setzte er seinen Entschluss, verlegerisch aufzutreten, um. 1837 verkaufte er deshalb das "Literarische Museum" und widmete sich nun in der Firma "Philipp Reclam jun." ausschließlich dem Verlagswesen.
Sein Elan und sein Geschäftssinn wirkten positiv auf die Ausgestaltung des Verlages, und es kam zu einer ganzen Anzahl von Unternehmungen, die ihm schon sehr bald zu Erfolg verhalfen. Neben verschiedenen Bibelausgaben und Wörterbüchern verlegte Reclam auch eine Reihe liberaler Schriften über die Lage in Österreich, die ihn in große Konflikte mit der dortigen Regierung brachten und sogar zum Verbot des Vertriebes Reclamscher Verlagserzeugnisse führten.
Er ließ sich aber auch durch diese Erfahrung nicht entmutigen; sie führte vielmehr dazu, dass er sich das Ziel setzte, seine Unternehmungen dauerhaft bestehen zu lassen.
Nicht nur durch die bereits genannten Schriften, sondern auch als Verleger lateinischer und griechischer "Klassikerausgaben" sowie von "Shakespeares Werken" machte sich Anton Philipp Reclam einen Namen.
Als am 9. November 1867 eine von der Bundesversammlung beschlossene Regelung in Kraft trat, wonach allen deutschen Autoren für die Veröffentlichung ihrer Texte eine Schutzfrist von 30 Jahren nach ihrem Tod gewährt wurde, nutzten Anton Philipp Reclam und sein Sohn Hans die Chance und gründeten noch am gleichen Tag die bis heute bestehende Universal-Bibliothek, eine umfassende Sammlung von Einzelausgaben zu einem niedrigen Preis. Der "Groschenreclam", wie ihn seine Kollegen nannten, setzte sich auf Dauer durch, und dies nicht nur durch Reclams Erfahrung als Verleger und seinen Geschäftssinn, sondern auch, weil er es verstand, sein soziales Bildungsprogramm mit literarischen Wertvorstellungen zu verbinden und die "Universal-Bibliothek" dem Bildungsbedürfnis breiter Schichten diente. Neben den wesentlichen Werken der klassischen deutschen Literatur, der Antike, der Weltliteratur und der Philosophie wurde auch hier Wichtiges aus Kunst und Musik, der Unterhaltung sowie anderen Bereichen veröffentlicht.
Schon 1887 hatte der Verlag einen Neubau in der Leipziger Kreuzstraße bezogen und beschäftigte in seiner Druckerei rund 100 und im Verlag selbst sowie in den Lagerräumen ca. 15 Angestellte.
Bis zum Tode Anton Philipp Reclams am 5. Januar 1896 erschienen ca. 3470 Nummern der "Universal-Bibliothek".
Die Entwicklung des Verlages nach Reclams Tod
- 1908 erscheint die 5000. Nummer der "Universal-Bibliothek"
- 1943 wird bei einem Bombenangriff das Verlagshaus zu mehr als einem Drittel zerstört
- am 10.9.1945 erhält Reclam eine Lizenz zur Wiedereröffnung der Druckerei
- 14.3.1946 Wiedereröffnung des Verlages
- 1.4.1947 Gründung der Reclam Verlag GmbH in Stuttgart
- 1953 wird der ostdeutsche Verlag in Leipzig zum VEB
- 1990 stellt Familie Reclam Antrag auf Reprivatisierung des Leipziger Verlagshauses
- August 1992 Integration des Unternehmens